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Blutspuren 5
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Alter Pullover
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Alter Pullover, ich habe Dich wirklich nicht gerne weggegeben Denn Du hast mich doch begleitet beinahe ein halbes Leben Deine einst so imponierenden Farben sind längst verblasst Und es ist deutlich sichtbar, dass Du schon einige Löcher hast Es dauerte etwas, aber ich sah ein, dass es keinen Sinn mehr hat Hörte endlich, wenn auch ziemlich zögerlich auf so vieler guten Rat So nahm ich Dich mein lieber Pullover und steckte Dich in den Sack Sehr freundliche Helfer holten Dich ab und haben Dich eingepackt Mit einem grossen Flugzeug bist Du in ein fernes Land geflogen Ein Junge in meinem Alter ist am Ende der Schlange angestanden Und hat den ihm überreichten alten, schäbigen Pullover angezogen Ihn störten die vielen kleinen Löcher nicht, die sich darin befanden Aber der fremde Junge wird „meinen“ Pullover wohl immer hassen In der grellen Sonne wird der Pullover schnell weiter verblassen Mir bedeute dieser alte und schmucklose Pullover einst so viel Denn ich erlebte mit ihm wunderbare Dinge in der Vergangenheit Für den fremden Jungen ist und bleibt er immer nur ein Beispiel Für seine Abhängigkeit und seiner so gehassten Hilflosigkeit Aber in den oft kalten Nächten wird er ihn trotzdem tragen Und er wird sich dabei bestimmt auch nicht stumm fragen Wieso kann sich ein fremder Junge einen neuen Pulli leisten? Und warum verhungern in seinem schönen Land die Meisten? Es hat doch keinen Sinn die ständigen Fragen nach dem Warum? Deshalb bleibt er Heut und auch in Zukunft viel lieber stumm
Trotzdem ist er froh über seinen neuen warmen Pullover Steht er mit seiner Kraft auch kurz vor dem „Game over“ Das Aufstehen am Morgen fällt ihm Jahr für Jahr schwerer Und seine Zukunft erscheint ihm immer dunkler und leerer Das Schicksal macht ihn zum traurigen Jungen, einem Hilflosen Der nicht gerne lebt vom Zivilisationsabfall und von Almosen
Ich lernte ihn niemals kennen und kann ihn doch verstehen Ziemlich sicher werden wir uns auch in der Zukunft nie sehen Aber vielleicht ist es ein alter Pullover, der uns etwas verbindet Auch wenn sein Hass auf diesen Pullover nie verschwindet Aber ich hatte ich denselben schmucklosen Pullover sehr gerne Jetzt schreibe ich über einen fremden Jungen aus der Ferne Glaube sogar noch in meiner Arroganz, ihn zu verstehen Obwohl ich seine Probleme wohl niemals werde sehen
Vielleicht ist es, weil ich meinen alten Pullover bereits vermisse So wie er früher zerknittert vor mir lag auf meinem Kissen Inhaltsverzeichnis
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Das Podest
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Es lebte an diesen warmen Tagen im Park im Grünen Überall erschall begeisternde Musik von den Bühnen Bei wunderbarem Wetter feierte man ein grosses Fest Nur ein einzelner Mann baute dort im Abseits ein Podest Auf den ersten Blick schien er traurig und etwas geknickt Aber mit Nagel und Hammer hantierte er sehr geschickt Das Material, welches herumlag, schien ihm zu genügen Denn in aller Ruhe begann er, die Bretter zusammenzufügen So zimmerte er unbeobachtet vor der grossen Menschenschar Bis sein kleines und schlichtes Podium schliesslich fertig war Er kletterte auf sein Podest, er stand fest auf seinem Sockel Und ganz bestimmt nicht stolz und überheblich wie ein Gockel Bewegungslos und völlig ruhig stand er da und schaute hinunter Die Menschenmenge vor dem Podest wurde grösser und bunter Plötzlich blieben die meisten Menschen in seiner Nähe stehen Und es war abwartende Überraschung, in ihren Augen zu sehen Nur für einen Moment, dann begann, etwas anderes zu erwachen Die Menschenmenge begann wie im Chor, schallend zu lachen Die Menge wusste es, und er fühlte es, sie lachten über ihn Weil sie sahen in dem schlichtem Podest und in ihm keinen Sinn Einige fragten ihn neugierig: „Warum stehst Du an diesem Ort?“ Er schaute sie nicht einmal an und er gab auch keine Antwort Weiterhin stand er bewegungslos da, bei Tag und bei Nacht Die Leute redeten über ihn und haben ihn weiter ausgelacht Auch Reporter und Journalisten kamen nun plötzlich angerannt Sprachen mit den Leuten, einige haben ihn von früher gekannt Sie erzählten ihnen, was sie wussten von seiner Geschichte Sie präsentierten sich alle stolz in den grellen Fernsehlichter Sie seien einst die besten Freunde gewesen, wie einer erklärte Und dass sich der Grund für das Podest seinem Wissen verwehrte Es entstanden laufend neue Gerüchte über diesen Podestmann Alle schüttelten ihre klugen Köpfe, weil es einfach nicht sein kann Dass da einfach jemand auf seinem Podest regungslos stehen blieb Es überraschte nicht, dass sich mancher Reporter die Hand wund schrieb Weil sie eine solch merkwürdige Geschichte für ihre Zeitung brauchten Aber eines Tages ist er so plötzlich wie er vor vielen Tagen auftauchte Mit seinem schlichten Podest bei Nacht und Nebel wieder verschwunden So sehr sie auch nach ihm suchten, sie haben ihn nie wieder gefunden Die Antworten auf ihre Fragen hat er ihnen niemals gegeben Die Neugierde bohrte in ihnen noch weiter ein ganzes Leben Sie haben ihn mit ihrem Lachen und ihren Sprüchen gequält Hätten sie doch nur einen anderen besseren Weg gewählt
Aber wie konnte sie damals auch wissen Dass sie ihn eines Tages werden vermissen Inhaltsverzeichnis
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Abschied
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Ich wünschte so sehr, es wäre nur ein böser Traum Eine ruhige, schöne Melodie schwebt durch den Raum So lautlos, dass man sie kaum hat wahrgenommen Sie schien aus der Ferne, aus dem Nichts herzukommen Am liebsten hätte ich sie mit meiner Hand aufgefangen Die Melodie war hübsch irgendwie unpassend nett Tränen kollerten still über meine warmen Wangen Ich sass auf einem Stuhl neben Deinem breiten Bett Und schaue traurig Deine jetzt so leblose Gestalt an Der Ausdruck in Deinem Gesicht hält mich in seinem Bann In einer Regung streichle ich sanft über Deine Hand Die schon beinahe so weiss ist wie die Zimmerwand In mir ist eine so endgültige Leere, die mich quält Habe das Gefühl, als haben wir uns nicht alles erzählt Dabei weiss ich ganz genau, dies ist gar nicht wahr Aber ich weiss, es wird niemals mehr, so wie es war Doch die Erinnerung an Dich wird niemals verblassen Kann ich auch nicht mehr wirklich nach Dir fassen Immer noch schaue ich auf Deine bleiche Gestalt Und die Trauer hat mich ganz fest in ihrer Gewalt Letzte Gelegenheit, um Dir einige Versprechen zu geben Deren Erfüllung Du leider nicht mehr kannst erleben Wir hatten doch beide, wider aller Vernunft So grosse Erwartungen in unsere Zukunft Wir wussten nicht, dass sie so kurz sein würde Was mir bleibt ist jetzt die schmerzliche Bürde Und die Gewissheit, den Weg weiterzugehen Den wir eigentlich zusammen wollten einschlagen Ich kann dies heute noch nicht wirklich verstehen Doch ich versprach Dir, es mit Würde zu ertragen Was dies auch immer genau heissen mag Ich hasse diesen grauen Herbsttag Er hat Dich mir einfach weggenommen Für mich ist die Welt verschwommen Und dies liegt nicht nur an meinen Tränen Ich würde am liebsten einfach fortrennen Aber das muss ich wohl nicht erwähnen Warum lernte ich diesen Schmerz kennen
In der Ferne verstummt das lautlose Lied Mit einem letzten Blick nehme ich Abschied In wenigen Minuten werde ich durch die Tür hinausgehen Ich habe gar keine Ahnung, ob wir uns je wiedersehen Weiss nicht, was hinter dieser dicken Mauer ist Denn keiner kann mir sagen, wo Du jetzt bist Inhaltsverzeichnis
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Niemand will nach irgendwo
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Vor einigen Jahren besuchte ich meinen Freund „Niemand“ Als er sich in einem ziemlich schlechten Zustand befand Er wohnte damals in der berühmten Strasse im Nirgendwo Und sein grösster Wunsch war eine Reise nach irgendwo Ich hörte seinem Traum mit sehr grossem Interesse zu Und sagte ihm anschliessend mit meiner bekannten Ruh’ „Wenn Du nach dem bekannten irgendwo willst gehen Dann musst Du doch nur ein Ticket für den Bus erstehen Die exakte Fahrtrichtung des Busses musst Du nicht kennen Bleibe einfach nicht stehen, aber Du musst auch nicht rennen“ Er antwortete mir: „Danke eigentlich hast Du ja recht Ich mache nur noch rasch mein Reisegepäck zurecht Und dann werde ich mir schnell eine Fahrkarte buchen“ Zwei Jahre später wollte ich ihn wieder einmal besuchen Ich fand ihn schnell, er ist immer noch auf dem Bett gesessen Staunend dachte ich, er hat wohl seinen grossen Traum vergessen Doch wenig später habe ich ihn dann nach seinem Wunsch gefragt In seiner langen Antwort hat er mir anschliessend sein Leid geklagt Er meinte: „Nach irgendwo kommt wahrscheinlich nie ein Niemand Weiter sagte er: „Der Bus ist einfach nicht vorbei gekommen“ Ich hörte zu und glaubte, ich habe nicht recht vernommen Erklärte ihm etwas lauter: „Willst Du denn nicht verstehen? Um den Bus zu erwischen, musst Du schon hinausgehen Hier in Deinem Zimmer wird niemals ein Bus anhalten Also bleibe nicht sitzen, um nur Deine Hände zu falten“ Ich schüttelte ihn, verstehst Du mich denn wirklich nicht Ich glaube, ich erkannte eine Träne in seinem Gesicht Ich nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinaus Wahrscheinlich sah er zum ersten Mal sein Haus Seine Augen haben mich ganz glücklich angestrahlt Ich blieb ehrlich und habe auch nicht weiter geprahlt So sagte ich: „Die nächsten Schritt musst Du alleine machen Weil ich kann in der Zukunft nicht immer über Dich wachen Ich glaubte, er konnte mich in diesem Augenblick verstehen Und so habe ich ihm relativ zuversichtlich nachgesehen Ein Stück des Weges muss jeder ganz alleine gehen Möchte er einmal etwas Neues und Unbekanntes sehen
Gestern besuchte ich endlich wieder einmal „Niemand“ Und es war genau derselbe Zustand in dem ich ihn fand Wieder ist er beinahe regungslos in dem Zimmer gesessen Und ich wusste, ich musste meine Vorstellung vergessen
Es gibt auch Menschen, die warten nur in ihrem Leben Und vergessen, um zu nehmen, muss man zuerst geben Inhaltsverzeichnis
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Unten am Bach
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Dieses klare Wasser - ich liebe diesen Bach Die Bilder, sie laufen mir wieder einmal nach Ich könnte sie auch niemals wirklich vergessen Hier am Bach bin ich einst mit Dir gesessen Es sind so viele Dinge seither geschehen Und doch hat alles genau gleich ausgesehen So wie damals auch Heute die Sonne scheint Und es ist mein Gefühl, das unbeirrbar meint als ob dieselben Vögel von den Bäumen spähen Ich spüre sogar irgendwie die wohltuende Nähe In unserem Baum weht der gleiche sanfte Wind Mein Gott, war ich damals noch ein kleines Kind Was ist seither nur alles mit mir geschehen Die Geschichte und die Jahre, sie vergehen Nur das Plätschern von diesem Bach ist geblieben Verschwunden ist längst unser gegenseitiges Lieben Aber wir waren beide glücklich an diesem Ort Es zu erklären, fehlt mir einfach das passende Wort Wie damals halte ich meine Füsse in das kühle Nass Gemeinsam hatten wir unser Glück und unseren Spass Wir lachten viel und tauschten unsere Zärtlichkeiten Verbrachten hier wirklich schöne und glückliche Zeiten Wieso ich an den Ort zurückkehrte, ich weiss es nicht Aber ich bin nicht der, der mit der Vergangenheit bricht Vielleicht suchte ich auch nur diese Ruhe und diese Stille Die niemand bricht, abgesehen von einer einsamen Grille In mir sind Erinnerungen, die noch nie verschwanden Wie sich unsere kleinen Hände scheu und hilflos fanden Oder wie sich unsere salzigen Lippen aufeinander pressten Aber auch wie die Spritzer aus dem Bach unsere Kleider nässten Vielleicht erinnere ich mich nur an das Schöne und die Harmonie Aber ganz vergessen, dies werde ich Dich ganz bestimmt nie Die Trennung war hart und schmerzte mich auch sehr Aber Vorwürfe sind da wirklich schon lange keine mehr In meinem Herz und in meinen kleinkarierten Gedanken Möchte ich dir viel mehr von ganzem Herzen danken Für die Zeit, die Du mir vor Jahren schenktest Dass Du mir Kraft gabst und mich auch lenktest Ich hoffe, ich habe Dir auch etwas zurückgegeben Und dass Du mich nicht gelöscht hast aus Deinem Leben Aber ich bin mir fast sicher, dass dies nicht so ist Weil man gewisse Dinge im Leben nie ganz vergisst
Vielleicht liebe ich deshalb den Ort dort unten am Bach Weil er hält eine wunderbare Erinnerung in mir wach Inhaltsverzeichnis
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Behinderung
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Es war recht kalt für diese Jahreszeit und ich fror Aber ich vergass dies einige wenige Minuten lang Ich hatte immer noch ihre Frage in meinem Ohr Seit wann bist Du behindert, wo war der Anfang Der Mund schon halb offen, dann habe ich gestutzt Sie blickt mich kurz von der Seite an etwas verdutzt Verwundert über das kurze aber sichtbare Verharren Die Antwort scheint leicht, trotzdem bin ich mir nicht im Klaren Ich weiss nicht wie erklären, ob ich die richtigen Worte finde Weil da gibt es eine seltsame Erinnerung, die ich damit verbinde Es gibt einige Arztzeugnisse, die meine Situation klar umschreiben Seit meiner Geburt bin ich behindert und werde es für immer bleiben Aber wirklich behindert war ich damals wahrscheinlich noch nicht Ich weiss, es klingt merkwürdig, weil es sich doch widerspricht
Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn Du jetzt überrascht bist Denn schau, ich wusste damals nicht, was eine Behinderung ist Nein, das wurde mir erst lange Zeit später wirklich ganz klar Ich kannte nichts anderes, es musste normal sein, so wie ich war Ich dachte bei mir wirklich immer, dass jedes andere Kind Und auch die Erwachsenen alle genau wie ich - gleich sind Meine Mitmenschen machten mir erst sehr viel später klar Dass ich nicht wie sie sondern doch irgendwie anders war Ab diesem Augenblick lernte ich den Unterschied kennen Vor lauter Schreck liess diese Erkenntnis mich fortrennen Ich spürte plötzlich, ich musste im dunklen Abseits stehen Dies war der Moment, für mich zu lernen, alleine zu gehen Schnell wusste ich, es wird niemals einfach sein Menschen sind leider oftmals grausam und gemein Es muss immer alles genau so sein, wie sie denken Wenn ich heute meine stillen Gedanken zurücklenke Weiss ich, dass nicht meine Behinderung mich behindert macht Ganz bestimmt nicht, denn dieses Gefühl ist erst viel später erwacht Es sind alleine meine Mitmenschen, die mich für behindert erklären Aber ich will mich in einem solchen Augenblick nicht beschweren
Ich schaue in Dein freundliches und hübsches Gesicht Vielleicht erkläre ich es Dir später, ich weiss es nicht Du würdest mich verstehen, aber es hat keinen Sinn Deshalb sage ich, dass ich seit Geburt behindert bin Du spürst meine Unsicherheit und bist deshalb verlegen Wir wechseln das Thema und ich bin froh deswegen Inhaltsverzeichnis
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Flamme im Wind
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Am Anfang steht nur eine kleine Glut Aber mit etwas Glück, Wille und Mut Beginnt schon bald das bekannte Spiel Voller Hindernisse, denn davon gibt es viel Doch wenn erst einmal etwas Zeit zerrinnt Und die Glut ganz langsam an Kraft gewinnt Bekommt man, ein grosses Wunder zu sehen Denn langsam wird eine Flamme entstehen Noch ist sie zwar nicht sehr weich gebettet Weil erst wenn eine starke Umgebung sie rettet Erst dann - Erlöscht sie nicht mehr so geschwind Und sie besteht auch in einem steifen, kalten Wind Jetzt verbreitet Sie schon Wärme und Geborgenheit Und vertreibt die Kälte und auch die Verborgenheit Sehr vieles erstrahlt nun neu in ihrem hellen Licht Zaubert ein Lachen oder Tränen in jedes Gesicht Schenkt uns Gefühle, die wir noch nicht kennen Deshalb kleine Flamme höre nicht auf zu brennen Es ist so wunderbar, wenn Du an Kraft gewinnst Und dem endgültig Verlöschen geschickt entrinnst Wenn Du so an Stärke und Macht gewonnen hast Befreit es Dich von grossen Sorgen und von jeder Last Damit Du weiter von einem Ort zum anderen springst Auch wenn Du in dieser fernen Welt nur lautlos klingst Sorgst Du doch mit Deiner unbeschreiblichen Macht Dass in dieser Welt so manches kleine Herz laut lacht Und auf diese Weise einen neuen Anfang begründen Und eine neue kleine unbedeutende Flamme anzünden Aber auch die wird sicher einmal viel grösser werden Und dann ein neues, helles Licht verbreiten auf Erden So hat jede einzelne Flamme ihr ganz grosse Gewicht Denn alle Menschen brauchen doch etwas Licht Um sich im Dunkeln nicht zu verirren Dafür muss man sich nicht genieren
Zum Schluss sage ich nur schlicht Danke für Dein so strahlendes Licht Man schläft sehr gut mit dem Wissen Dass wir noch nicht sind aufgeschmissen Denn solange es Kerzen gibt in der Welt Ist es um uns nicht so schlecht bestellt Inhaltsverzeichnis
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Heimfahrt
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Hatte noch ansteckendes und lautes Lachen im Ohr Als ich mitten in der Nacht durchschritt das Ausgangstor Liess zurück alle meine Kollegen im fröhlichen Reigen Um kurze Zeit später auf mein Stahlross zu steigen Dann radelte ich auch schon meiner Heimat entgegen Es war bewölkt, aber es fiel noch kein Tropfen Regen Ich schlängelte mich durch den dichten Strassenverkehr Dann bog ich ab und fuhr der sanften Stille hinterher Hinein in den dunklen Wald, entlang dem Bahngleis Nur die Äste bewegten sich im schwachen Wind leis Der Heimweg war ziemlich lang und beschwerlich Aber ich hatte keine Eile und nahm es gemächlich Doch in diesem Augenblick habe ich gestutzt Und ich blickte wahrscheinlich ziemlich verdutzt Mit einem kurzen Ruck bin ich plötzlich wieder erwacht Da begegnete mir plötzlich ein Augenpaar in der Nacht Ein Mann stand völlig bewegungslos am Waldrand Mit einer Einkaufstasche aus Papier in seiner Hand Ich war schon etwas überrascht und überlegte bei mir Was macht dieser Fremde nach Mitternacht hier Er stand da und bewegte sich immer noch nicht Ich erkannte nur sehr schemenhaft sein Gesicht Fragte mich bei mir, soll ich ihn einfach ansprechen? Aber es schien, als wolle er das Schweigen nicht brechen Muss ich etwa Angst haben, es überfielen mich Gedanken Oder habe ich vor mir einen Verwirrten, einen Kranken Unsere Augen trafen sich einen Moment später wieder Dann senkte ich meine Augen etwas ratlos nieder Ohne Anzuhalten wich ich ihm aus und fuhr weiter Als ein etwas verwirrter und verdutzter Stahlrossreiter Ich fuhr langsam aber ich schaute nicht zurück nicht mehr Aber ich spürte seine Augen wanderten mir hinterher Es war eine Szene, die mich auf seltsame Weise berührte Und weil mich mein Heimweg noch oft durch den Wald führte Kreuzten sich noch in mancher Nacht unserer beider Bahn Wir schwiegen immer, nur manchmal lächelten wir uns an Er schien hier im dunklen Wald, jeweils zu übernachten Und ich wusste, dass die Meisten über ihn nur lachten Wenn es im Winter kalt war dann bedauerte ich ihn sehr Denn er hatte, wie es schien, kein warmes Zuhause mehr Aber Ich wusste nicht, wie er soweit konnte gelangen Denn ich habe niemals mit ihm ein Gespräch angefangen
Eines Tages war er einfach verschwunden Ich hoffe, er hat wieder eine Heimat gefunden Inhaltsverzeichnis
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Dummheit
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Du stehst vor mir und offenbarst mir Dein Anliegen Ich bin froh darüber und danke Dir für Dein Vertrauen Trotzdem zögere ich, Dir in die Augen zu schauen Denn ich fürchte, die Antwort nicht hinzukriegen Was ich Dir zu sagen habe, wird Dich nicht freuen Und ich bin mir sicher, es Morgen schon zu bereuen Schau, ich kann sie nicht erwidern Deine Gefühle Wenn sie auch ganz tief in mir ebenfalls wühlen Aber ich werde sie ganz bestimmt nicht zulassen Es ist die Wahrheit, mir ist gar nicht zum Spassen Werde wahrscheinlich immer etwas für Dich empfinden Trotzdem werde ich mich nun mit Worten herauswinden Vielleicht ist es mein Verstand oder mein Pflichtbewusstsein Oder etwas anderes, aber ich lasse die Gefühle nicht hinein Es ist nicht das Gesetz oder die Worte anderer, was mich hindert Auch wenn diese Tatsache mein Schmerz sicher nicht lindert Ich weiss einen solchen Schritt kann niemand so recht verstehen Aber ich werde mich jetzt umdrehen und zur Tür hinausgehen Mir fiel schon selten eine Handlung so furchtbar schwer Und vielleicht ist es nur Dummheit und nichts mehr Ich strecke sie Dir nicht entgegen, meine Hand Daran hindert mich mein blödsinniger Verstand Ich kann nicht über meinen eigenen Schatten springen Dazu bin ich nicht fähig, es kann mir nicht gelingen
Eventuell wirst Du mich in einem Jahr sogar verstehen Dass werden wir erst in der fernen Zukunft sehen Aber jetzt fühle ich nur in meinem kleinen Herz Einen schrecklichen empfindlichen Schmerz Der droht, mein ganzes Gefühlsleben zu spalten Aber ich muss so handeln, magst Du es auch für falsch halten Ich hoffe nur, Du wirst mich deswegen nicht hassen Würde gerne weinen, doch ich kann es nicht zulassen Obwohl ich Dich von ganzem Herz liebe Schleiche ich mich davon, wie die Diebe Ehrlich, es tut mir wirklich leid Aber ich bleibe bei meinem Entscheid
Und doch werde ich es Dir nicht zeigen Ich werde für immer darüber schweigen Weil sinnlos ist jedes zusätzliche Wort Aus diesem Grund gehe ich jetzt fort Und wird sich die Türe hinter mir schliessen Werde meine Tränen wahrscheinlich lautlos fliessen Inhaltsverzeichnis
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Traum vom Fliegen
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Hier sind wir wieder einmal Angesicht zu Angesicht Aber freuen, dies tue ich mich diesmal sicherlich nicht Ich weiss nicht, wie lange wir uns jetzt schon kennen Sehe Dich heute noch über die Blumenwiesen rennen Mit Deinem langen Haar flatternd im seichten Wind Waren nicht erwachsen, aber auch nicht mehr Kind Dein ansteckendes Lachen rauschte durch die Bäume Unaufhaltsam kämpften wir für unsere bunten Träume In der Fantasie haben wir manches Luftschloss gebaut Und in den Nachbargärten haben wir die Kirschen geklaut Erinnere mich noch an manches Gespräch unten am Fluss Wateten dort langsam durch das seichte Wasser - barfuss Und Du hast mir von Deiner neuen grossen Liebe erzählt Anschliessend erklärte ich Dir, was mich im Moment quält Auf diese Weise lösten wir so manches chaotische Gewühl In den gemeinsamen Stunden herrschte ein vertrautes Gefühl Wir wussten, irgendwie werden wir das Leben schon hinkriegen Manchmal gab es sogar Augenblicke, da konnten wir fliegen
Aber jetzt ist es anders, ich fühle meine zittrigen Hände Und mich erdrückt es schier zwischen diesen vier Wänden Meine Augen können nicht aufhören, dorthin zu starren Wo in der Vergangenheit Deine hübschen Beine waren Versuche zu sprechen, aber ich spüre meine Stimme beben Wie kann ich Dir jetzt noch Antworten auf Deine Fragen geben? Du lächelst, aber ich kann der Situation nichts Positives abgewinnen Meine Gedanken scheinen, wieder in die Vergangenheit zu entrinnen
Dorthin als Dein Arzt sagte, es bleibt Dir nicht mehr sehr viel Zeit Damals erlebten wir nicht unseren Einzigen aber heftigsten Streit Ich habe dies einfach nicht kapiert Mit allen meinen Argumenten habe ich Dich bombardiert Schliesslich habe ich wutentbrannt Deine Zigarette geklaut Und sie schliesslich zischend ausgelöscht auf meiner Haut Fühle heute noch meine Wangen brennen von Deinen Ohrfeigen Und dann gab es nichts mehr nur ein unüberhörbares Schweigen Nach einigen Minuten hast Du, wieder zu rauchen, angefangen Ich schlug kräftig die Tür zu und bin ziemlich wütend gegangen War mir absolut sicher, Du hast mir sehr lange nachgeschaut Du hast mir mit Deinem Verhalten meine Beherrschung geklaut Ich fand längst keine ruhigen und überzeugenden Argumente mehr Und dies einzugestehen, war Zugegebenerweise ziemlich schwer Spürte im Magen nur noch die Hilflosigkeit schmerzlich brennen Meine Schritte wurden schneller, schliesslich begann ich zu rennen Tränen kollerten aus meinen Augen und liefen über mein Gesicht Schämte mich, aber die Kraft zu bleiben, hatte ich im Moment nicht
Die Hoffnungslosigkeit und die Aussichtslosigkeit trieb mich fort Und auch später fand ich niemals wieder das richtige Wort Wenn ich wieder traurig und immer noch hilflos vor Dir stand Das einzige was ich Dir noch anbot, war meine zittrige Hand Alle meine Kraft und Antworten habe ich Dir längst gegeben Hätte ich reden müssen, meine Stimme würde sicher beben Und meine Augen konnten nicht aufhören, dorthin zu starren Wo in der Vergangenheit einst Deine hübschen Beine waren Es war für mich so schwer, Dich so leidend vor mir zu sehen Ich werde es nie verstehen, aber Du wirst nie wieder gehen Du wirst Dich für immer nur noch fortbewegen auf vier Rollen Sage mir nur - hätte es denn wirklich so weit kommen sollen? Hätte Dir gerne etwas Linderung von den Schmerzen verschafft Aber ich hatte Dir nichts mehr zu geben - nichts von meiner Kraft Denn wir wussten beide, Du wirst die Kurve nicht mehr kriegen Es war schwer, aber ich spürte, Du wirst niemals wieder fliegen Mit einem Lächeln und ruhiger Stimme sagtest Du: „Du musst gehen“ Ich schämte mich schrecklich, aber ich blieb trotzdem nicht dort stehen Weil ich wusste nicht mehr was sagen, in Deine Augen schaute ich nicht Und wieder einmal liefen lautlose, unbemerkte Tränen über mein Gesicht Davonrennen - wieder einmal auf der Flucht Aus lauter Schwäche still in mich hinein geflucht
Gestern - Gestern war ich wieder einmal unten am Fluss Wartete langsam durch das seichte Wasser - barfuss Aber Tränen und Gespräche waren da längst keine mehr Viel mehr fühlte ich mich dort unten nur noch kalt und leer Es ist eine Illusion zu glauben, es ist leicht zu überwinden Denn wer hilft mir in der Zukunft meinen Weg zu finden? Und trotzdem sind unsere Träume noch lange nicht verloren Trage den Kopfhörer von meinem Walkman auf meinen Ohren Hörte die Lieder, die wir einst gemeinsam haben geschrieben Erinnerungen sind draussen auf dem Fluss vorbeigetrieben Eine ehrliche und ganz persönliche Geschichte, Lied für Lied Auf meine ganze eigene Art und Weise nehme ich Abschied Nehme unsere Kassette und werfe sie in den Fluss - weit fort Ich weiss, ich kehre niemals wieder zurück an diesen Ort Und trotzdem vielleicht werden wir uns wieder einmal sehen Aber jetzt lege ich die Trauer ab, ich muss in die Welt zurückgehen Denn ich weiss doch hinter der nächsten Ecke wartet bereits jemand Der braucht für einen Moment meinen Rat und meine schützende Hand Ich werde unsere gemeinsamen Ideen und Träume niemals aufgeben Leute wie Du kämpften dafür schon zu lange und gaben dafür ihr Leben
Doch eines werde ich nie verstehen, wir träumten doch vom Fliegen Aber diese verdammten Glimmstängel waren wohl einfacher zu kriegen Inhaltsverzeichnis
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GEGENWIND
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Vorwärts gehen und nicht nur treiben Niemals einfach bloss stehen bleiben Einen Schritt nach dem Anderen wagen Zielstrebig den eigenen Zielen nachjagen Den Gegenwind ständig im Gesicht Aufgeben gilt nicht Immer entschlossen der Nase nach Manchmal stark und manchmal schwach Aber niemals - niemals aufgeben Nur so geht es vorwärts im Leben Der Hoffnungslosigkeit die Kraft rauben An die eigene Zukunft glauben Schritt für Schritt vorwärts gehen Das Licht am Tunnelende sehen Den Gegenwind ständig im Gesicht Aufgeben gilt nicht Die Fahnen nicht kampflos streichen Immer bemüht, den Horizont zu erreichen Den eigenen persönlichen Weg finden Die unzähligen Hindernisse überwinden Dem Leben in die Augen sehen Nur so kann man hier bestehen Sich nicht einfach nur treiben lassen Sondern nach dem Unmöglichen fassen Den Gegenwind ständig im Gesicht Aufgeben gilt nicht Die Sterne vom Himmel holen Und sich nicht selber überholen Glauben an die eigene Kraft Auch wenn eine tiefe Schlucht klafft Der Zukunft in die Augen schauen Und auf die eigenen Träume bauen Jeden Tag wieder neu anfangen Um bis zum Abend zu gelangen Den Gegenwind ständig im Gesicht Aufgeben gilt nicht Den Horizont fest im Visier Die Kraft ist alleine in Dir Sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen Sich hinterfragen und dabei Gutes tun Die eigenen Massstäbe setzen Und Ihnen langsam nachsetzen Die Sonne ist für alle greifbar Also gehe vorwärts unbeirrbar Den Gegenwind ständig im Gesicht Aufgeben gilt nicht Inhaltsverzeichnis
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Stimme
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Auf einem bunten Tuch sassen wir am Waldrand Und Du hattest Deine schwarze Gitarre in der Hand Beinahe zärtlich strichen Deine Finger über die Saiten Eine sanfte Melodie begann, Deine Stimme zu begleiten Ein vertrautes Lied flog durch die stummen Bäumen Ein stilles Spiegelbild von unseren Träumen Die Worte erzählten ein Teil unserer Geschichte Wie oft sassen wir dort im abendlichen Lichte Ich habe die Worte - Du die Musik geschrieben Es ist uns leider nur sehr wenig Zeit geblieben Vieles wollten wir verändern, es ist nicht gelungen Nur die Lieder sind niemals ganz verklungen Wir wollten doch noch so viel erzählen Als Mittel wollten wir die Musik wählen Träumten davon, einen Schritt vorwärts zu gehen Leider konnten uns viele Menschen nicht verstehen Hätten gerne mit unseren Lieder die Welt erreicht Aber wenn das Schicksal langsam heranschleicht Ist es für die meisten Dinge im Leben zu spät Und was zurück bleibt, ist die bittere Realität Deine wunderbaren Melodien und meine Worte Öffneten in unseren bunten Träumen jede Pforte Für Augenblicke waren wir das Zentrum der Welt Aber die Wirklichkeit hat uns beide wieder gefällt Der Kampf im Alltag bestimmte unsere Geschicke Ich liebte Deine Stimme - ich liebte diese Augenblicke Wenn wir in der Einsamkeit sassen an diesem Waldrand Eine Stimme wie Du hatte auf der Welt sonst niemand Ich ahnte damals nicht, dass Sie einst würde verklingen Lieder zu schreiben, wollte mir später nie mehr gelingen Ich weiss nicht ob ich es in Zukunft wieder werde wagen Ganz egal wie viele Musiker mich noch danach fragen Deine Stimme hat sich so gut mit meinen Worten verstanden Unabhängig davon welche Sinne sich in den Zeilen befanden Ohne Dich würden Musik und Worte nur auseinander gerissen Wiederholen wird sich dies nicht, dass muss ich wissen
Letzte Woche legte ich eine Blume neben Deinen Grabstein Ich weiss genau, dort wo Du jetzt bist, bist Du auch nicht allein Das grausame Schicksal hat Dich aus diesem Leben gerissen Vielleicht zum Glück aber ich werde Dich trotzdem vermissen Ich bin ohne Deine Antworten an diesem Ort zurück geblieben Aber es gibt dort sicher auch viele Leute, die Deine Musik lieben Inhaltsverzeichnis
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Grosser Bär
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Er steht nur wenige Meter weit weg von der Bühne Gross und kräftig an Gestalt ein wahrhaftiger Hüne Wenn ich etwas zur Seite blicke, kann ich ihn sehen Er wankt nicht, stark wie ein Baum bleibt er da stehen Sofort vergleiche ich ihn mit einem grossen Braunbär Seine Oberarme haben unbeschreibliche Masse Er wird wahrscheinlich auffallen auf jeder Strasse Nichts schien dieser Riese, aus der Ruhe zu bringen Die Künstlerin auf der Bühne ist weiterhin am Singen Ein Vollbart umrahmt sein rundes, sanftes Gesicht Aber auch wenn dieser Riese kein Wort spricht Fühle ich, zum Lachen ist im ganz bestimmt nicht Eine unsichtbare Träne kollert ihm über sein Gesicht Sage grosser Bär, was hat Dir Deine Kraft genommen Was ist geschehen, wie ist es nur soweit gekommen? Wer hat Dich hinterhältig gefällt wie ein starker Baum? Wann hast Du verloren Deinen ganz grossen Traum? Ich spüre deutlich, dass es furchtbar brodelt in Dir Auch wenn Du kräftig und stark dastehst neben mir Was hat Dich eigentlich an dieses Konzert getrieben Hat sie eines ihrer Lieder Dir auf die Haut geschrieben? Kannst Du Dich in ihrer einfühlsamen Musik wiederfinden Oder glaubst Du, dass hier Deine Probleme verschwinden Irgendetwas scheinst Du, im Moment nicht hin zu kriegen Welches grosse Hindernis mag auf Deinem Weg liegen? Hast Du niemand, der Die bei den Problemen helfen kann? Vergiss es einfach und spiele nicht weiter den starken Mann Jetzt kollert eine echte Träne über Dein bärtiges Gesicht Auffallen tut Sie in diesem grossen Menschengedränge nicht Wahrscheinlich habe nur ich sie ganz zufällig gesehen Aber ich reagiere nicht, bleibe einfach nur stehen
Das Konzert scheint sich langsam, dem Ende zu zuneigen Die Menge löst sich auf murmelnd oder auch im Schweigen Ich warte noch ein paar Minuten, ich will auch nicht eilen Ich sage auch nichts, weil ich habe nichts zum Mitteilen Schon bald ist der riesige Konzertsaal vollkommen leer Auch der Mann mit dem Bart geht, sein Schritt ist schwer Ich bin mir sicher, ich werde in niemals wiedersehen Wir werden beide die eigenen persönlichen Wege gehen
Auf seltsame Weise werde ich das Gefühl nicht los Sein Kummer ist nicht lösbar und eine Spur zu gross Sein Lebensweg wird nicht mehr lang sein Jeder geht die letzten Schritte allein Inhaltsverzeichnis
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HERBSTBLATT
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Mit den sommerlichen Temperaturen ist bald schon Schluss Die Ästen an den Bäumen winken zum letzten Abschiedsgruss Der Wald ist prächtig, in gelben und roten Farben anzusehen Auch jenes Blatt dort musste einen langen Sommer durchstehen Doch jetzt im Herbst hat es langsam seine ganze Kraft verloren Langsam aber sicher zeigt es erste Anzeichen vom Verdorren Vor kurzem war seine Haut noch kräftig und glatt Jetzt fühlt es sich langsam ziemlich matt Und es hat Mühe, sich am Ast festzukrallen Schliesslich ist es auch auf den Boden gefallen Ich erinnere mich noch, wie es im Sommer war Im festen und satten Dunkelgrün einfach wunderbar Als die Sonne noch kräftig schien, dies waren schöne Zeiten Es war für die ganze Welt wichtig, denn es durfte arbeiten Es zeigte grossen Einsatz und es war immer sehr fleissig Wie die anderen auch, an seinem Ast waren es über dreissig Ausruhen konnte es nur ein wenig in der finsteren Nacht Aber jeden Morgen begann die Arbeit, wenn die Sonne erwacht Es hat unnötigen Kohlendioxid in Sauerstoff umgewandelt Die Natur, welche von den Menschen wurde verschandelt Musste Sauerstoff Tag für Tag wieder von Neuem herstellen Die Überstunden mochte bei dieser Arbeit niemand zählen Zugegeben, das Blatt hat die Arbeit ziemlich gerne gemacht Und für die Pausen blieb ja schliesslich auch noch die Nacht Gedankt für seinen unermüdlichen Einsatz hat ihm niemand Es war immer da, deshalb fiel es nicht auf dort am Waldrand
Als die Sonne schwächer wurde am Sommerende Kam auch für das Blatt ganz langsam die Wende Es mochte nicht mehr so viel Leistung bringen Sich zu überwinden, wollte ihm immer weniger gelingen Es bekam Runzeln und eine brüchige, spröde Haut Und der Wind hat ihm langsam seine Kraft geklaut Schliesslich konnte es keinen Halt mehr kriegen Aber es blieb ihm trotzdem keine Zeit zum Ausruhen Es wurde niedergetrampelt von achtlosen Schuhen Es hat zwar geschrien, aber es wurde nicht gesehen Und so ist es schon bald um das Blatt geschehen Man sieht schnell, dass sich ein Blatt und ein Mensch wenig unterscheiden Beide bekommen tiefe Runzeln und müssen unter der Vergänglichkeit leiden Beide arbeiten im Leben fleissig und lang und sterben in der Vergesslichkeit Beide sind nicht lange auf der Welt und doch zum Danken bliebe genug Zeit Inhaltsverzeichnis
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Narben auf der Seele
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Vier grosse leere Flaschen Bier Stehen auf dem Tisch vor Dir Auch die fünfte ist schon beinahe leer Aber die schmeckt Dir auch nicht mehr Daneben liegt noch eine halbe Brotkruste Die Geschichte brachte Dich aus der Puste Vier Jahre war Sie Dir ständig nah Und auch Du warst immer für Sie da
Jetzt sind die Wellen über Deinem Kopf zusammengeschlagen Warum sie ging, wolltest Du sie eigentlich gar nicht fragen Sie sagte einfach, sie brauche für sich mehr Raum Und sie zerstörte für Dich damit einen grossen Traum Es ist zwar nichts Neues für Dich solche Schmerzen Erlebtest schon genug Kummer mit Deinem Herzen Auch Deine Seele trägt schon so manche Narben Die roten Rosen, die Du ihr schenktest, verdarben Wieso willst und kannst Du es noch nicht verstehen Was oder wer liess sie zu guter Letzt eigentlich gehen Es gab Meinungsverschiedenheiten aufgrund Kleinigkeiten Aber es war im Grunde genommen kein wirkliches Streiten Sie hat einfach gesagt, sie brauche ihre Freiheit Zum Nachdenken brauche sie etwas mehr Zeit Dies zu akzeptieren, fällt Dir unsagbar schwer Denn Deine ausgestreckten Hände bleiben leer Was bleibt, ist eigentlich nur die Vergangenheit Es war eine wirklich fürchterlich schöne Zeit Und Du würdest gerne das Rad zurückdrehen Und versuchen, einen anderen Wege zu gehen Aber dies ist jetzt zu spät und Du bist allein Aber Du kannst ihr trotzdem nicht böse sein Auch wenn Dir die Geschichte das Herz bricht Eine einzelne Träne kollert über Dein Gesicht Du wischt sie auch nicht weg mit Deiner Hand Wieso auch sie verläuft sich schon im Sand Du willst auch die Erinnerung nicht wegschieben Denn sie war Deine grosse und wunderbare Liebe Du weisst, dies wird sie bestimmt nicht bleiben Aber es ist schwer, wenn Träume davon treiben
Du weisst das Leben wird Morgen weitergehen Im Herzen wirst Du es niemals ganz verstehen Was bleibt ist auf der Seele eine weitere Narbe Und die roten Rosen, welche leider verdarben Inhaltsverzeichnis
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Roter Kopf
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Gestolpert - Ich bin wieder einmal hingefallen Dies geschah wieder in den Augen von allen Warum gerade jetzt und warum gerade hier? Wieso geschieht dies eigentlich immer nur mir Verlor eigentlich doch nur das Gleichgewicht Und jetzt fühle ich die Röte in meinem Gesicht Bin halt leider nicht sportlich und nicht geschickt Und deshalb stehe ich wieder hier völlig geknickt Bin wieder einmal auf der Flucht in die kalte Winternacht Zurück bleibt hier einer, der immer noch lauthals lacht Habe nur noch einen Wunsch, weit weg zu verschwinden An einen ganz fernen Ort, wo mich niemand wird finden Irre hilflos durch die Nacht mit einem knallroten Kopf Es ist doch immer wieder derselbe überflüssige Zopf Ich lernte, diese Gourmetbuffets doch längst zu hassen Kann die Teller nicht richtig tragen - nicht richtig fassen Und habe den Inhalt vom Glas doch sorgfältig behütet Warum habe ich es denn trotzdem wieder verschüttet Jetzt sind alle neugierigen Augen auf mich gerichtet Wer hat Ihnen nur von meiner Tapsigkeit berichtet Für den Spott bin ich eine hilflose und sichere Beute Opfer und Ziel der lachenden und dummen Meute Bin wieder einmal auf der Flucht in die kalte Winternacht Zurück bleibt hier einer, der immer noch lauthals lacht Habe nur noch einen Wunsch, weit weg zu verschwinden An einen ganz fernen Ort, wo mich niemand wird finden Irre hilflos durch die Nacht mit einem knallroten Kopf Es ist doch immer wieder derselbe überflüssige Zopf Alle diese Handgriffe scheinen so kinderleicht und einfach Nur ich muss wieder sagen, ich kann es nicht - so schwach Vergeblich versuche ich, meine Schwäche zu verstecken Aber irgendein fremdes Augenpaar wird es immer entdecken Sofort wird ein leises aber unüberhörbares Geflüster losgehen Und ich werde dann wieder als dummer Idiot vor allen stehen Bin wieder einmal auf der Flucht in die kalte Winternacht Zurück bleibt hier einer, der immer noch lauthals lacht Habe nur noch einen Wunsch weit weg zu verschwinden An einen ganz fernen Ort, wo mich niemand wird finden Irre hilflos durch die Nacht mit einem knallroten Kopf Es ist doch immer wieder derselbe überflüssige Zopf Ich weiss, kehre ich zurück aus der kalten Winternacht Gibt es sicherlich immer noch einer, der lauthals lacht Ich weiss es wird mir nie alles nach Wunsch glücken Aber ich lasse mich nicht unter das Wasser drücken Ich weiss behindert sein, ist bestimmt nicht einfach Aber ich verspreche Euch, ich gebe noch nicht nach Inhaltsverzeichnis
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WOZU SIND KRIEGE DA
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Ein Kind von neun Jahren kam mich gestern besuchen Du weisst doch so viel bitte erkläre mir das Ziel Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, meine Grossväter gingen in den zweiten Weltkrieg Es gab für sie kein später Wollten sie in den Krieg? Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir die vielen Kreuze vor der Stadt seien vom Krieg Dort hausen jetzt die Käuze Wieso gingen sie in den Krieg? Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, tapfer wehrten wir uns im Krieg Sehr viele wurden ein Opfer Wie kam es zu diesem Krieg? Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, dass wir siegten, nach all dem im Krieg zerstörten gewannen wir Und die Verlierer im Krieg? Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, einer rede Beim Beginn von einem Krieg Sage mir ohne weitere Ausrede Warum gingen Sie in den Krieg? Wozu sind Kriege da?
Ich schwieg betroffen, denn gibt es etwas was ich sagen kann Wann wird der Mensch schlauer? Wann? Ich wusste keine Antwort, denn Wozu sind Kriege da? Inhaltsverzeichnis
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MORGENSTUNDEN
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Die ersten Vögel zwitschern und singen Der Wind scheint, einen neuen Duft zu bringen Es ist der Moment, wo der Morgen ruft Und die Sonne entsteigt ihrer dunklen Gruft Die ersten Sonnenstrahlen durchdringen die Dunkelheit Ich mag diese Augenblicke, es ist eine schöne Zeit Höre den Wind, die Dorfgeräusche zu mir tragen Als ich langsam beginne, die Augen aufzuschlagen Der Anfang vom mühsamen aber freudigen Erwachen In Deinem schlafenden Gesicht liegt ein Lachen So glaube ich, es darin zumindest zu entdecken Nur einige Stellen Deiner Haut kann die Decke verstecken Dich anzusehen, davon kann ich nicht genug kriegen Bin froh, wenn ich Dich fühle, hier neben mir liegen Es ist leicht, Dir meine Aufmerksamkeit zu schenken Sehe Deiner Brust zu, beim Heben und beim Senken Meine Finger beginnen sich langsam vorzutasten Jede Sekunde bereit auch wieder zu rasten Nur keine Angst sie wollen Dich nicht aufwecken Sie versuchen doch nur, sich in Dir zu verstecken Um ein sanftes Zwiegespräch mit Deiner Haut zu führen Und etwas von Deiner Geborgenheit und Wärme zu spüren Trotzdem beginnst Du, jetzt auch Deine Augen aufzuschlagen Ist es den schon Morgen, scheint mich Dein Blick zu fragen Aber es ist nur ein lautloses Lächeln, dass ich Dir schicke Während ich in Dein noch verschlafenes Gesicht blicke Aufwachen will Dir im Moment noch nicht recht glücken Aber Du bewegst Dich, um etwas näher zu mir zu rücken Während sich meine Arme fest um Dich binden Versuchen meine Lippen, die Deinen zu finden Du erwiderst mit geschlossenen Augen meinen Kuss Und ich komme einmal mehr zu dem Schluss Dass ich glücklich bin, habe ich Dich im Arm Ich schlage die Decke zurück, Du gibst mir warm
Man sagt Morgenstunde hat Gold im Mund Seit ich mit Dir zusammen bin, kenne ich den Grund Es ist schön, mit Dir aufzuwachen Und in den neuen Tag hinein zu lachen Inhaltsverzeichnis
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LOTTE
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Ich trete zur Tür herein, als ich Sie auch schon entdecke Sie sitzt wie so oft auf dem Bank am Tisch in der Ecke Vor Ihr auf dem Tisch steht ein halbvolles Glas Bier Ich grüsse sie freundlich und setze mich dann zu ihr Sie lässt sich nicht stören, hört nicht einmal auf, Kaugummi zu kauen Ihre glasklaren Augen scheinen, durch mich hindurch zu schauen So als würden sie dort weit in der Ferne irgendetwas sehen Was im Verborgenen oder in der Zukunft wird geschehen Mich verwirrt dies nicht allzu sehr - nicht diese Situation Ich kenne sie schon lang, deshalb kenne ich dies schon Seit vielen Jahren hat sie nun schon nicht mehr gesprochen Und keiner weiss, was sie damals hatte entzwei gebrochen Viele Geschichten und Gerüchte, was sie alles hat durchgemacht Aber mit Gewissheit kann keiner sagen, was geschah in jener Nacht
Doch seit jenem Tag hat sie nichts mehr anzufügen Für sie waren da wohl zu viele Worte und zu viele Lügen Ärzte untersuchten sie, aber es kam kein Wort über ihre Lippen Sie war ruhig – Sie war niemals in Gefahr, einfach auszuflippen Und doch sagten einige Leute, sie sei vom Irrsinn besessen Von Zeit zu Zeit ist sie unbemerkt an ein Klavier gesessen Und während ihr Herz auf etwas Unvorstellbares blickt Tanzen ihre Finger über die Tasten flink und geschickt Und eine wortlose Melodie füllte den dunklen Raum Es war ihre Art zu erzählen von ihrem fernen Alptraum Eine seltsame und doch eindrückliche Art zu berichten Ohne Worte erreichte sie die Menschen mit ihren Geschichten Manch einer zerdrückte dabei eine Träne in seinem Gesicht Auch ich widerstand ihrem seltsamen Zauber nicht Auch in meinem Auge fand sich eine kleine Träne Um nicht nachzufragen, biss ich mir auf die Zähne Manchmal würde ich die Wahrheit schon gerne kennen Was geschah damals, was liess sie damals davonrennen? Wer oder was liess sie nicht los, was musste sie quälen? Ich weiss, sie wird es auch in Zukunft niemals erzählen Sie wählte ihren eigen Weg - einen Weg der Stille Es mag nicht das Richtige sein, aber es ist ihr Wille Es hat keinen Sinn, ihr Verhalten weiter zu hinterfragen Vielleicht könnte ich die Wahrheit auch nicht ertragen Und ich weiss eines ganz genau, Sie ist nicht von Sinnen Sie hat vor sehr langer Zeit, einfach verlernt zu gewinnen
Es gibt auch nichts mehr zusagen, nur ihre Melodien werden bleiben Die auf eindrückliche Art und Weise ihre Geschichten beschreiben Inhaltsverzeichnis
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WASSERTROPFEN
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Tausende von Wassertropfen fallen aus der Dunkelheit Und machen sich in grossen Pfützen am Boden breit Aber nur einer davon ist für mich von besonderem Wert Weil er mich auf ganz spezielle Art und Weise auch ehrt Dieser Wassertropfen hat sich aus Deinem Auge aufgemacht Bevor er auch schon wieder verschwindet in der dunklen Nacht Wo er dann wahrscheinlich der Weg von allem Wasser wählt Es ist dieser Tropfen, der eine ganze Geschichte erzählt Von allen Dingen, die in den letzten Wochen sind geschehen Du weisst, dass ich Dich bestimmt nicht gerne weinen sehe Dafür bist Du mir zu wichtig, ich würde es vermeiden Dich zu versetzen in Angst, Trauer oder auch Leiden Doch diese Tränen flossen alleine meinetwegen Und dies kann mein Herz natürlich schon bewegen Dies ist der Grund, warum ich mich über Deine Träne freue Auch wenn ich zugegeben, mich dafür schon etwas scheue Ich möchte nicht, dass Du deswegen schlecht von mir denkst Es ist mir lieber, wenn Du mir auch in Zukunft Vertrauen schenkst Wir haben in den letzten Wochen stundenlange Gespräche geführt Ich hoffe, Du hast dabei mein absolutes Vertrauen gespürt Du hast in den letzten Wochen eine schlimme Zeit durchgemacht Doch gestern hast Du endlich wieder einmal herzhaft gelacht Ich habe doch nur meine Hände nach Dir ausgestreckt Denn mit Deinem Kummer sassest Du schon ziemlich im Dreck Aber jetzt ist dies Geschichte endlich wieder Vergangenheit Und Dein Lachen macht sich für die Zukunft wieder bereit Und dies finde ich ehrlich gesagt einfach wunderbar Auch wenn ich Dir zu helfen, gerne bereit war Ist es doch viel schöner, ich sehe Dich fröhlich lachen Mir ist schon klar, in Deiner Vergangenheit waren Sachen Die es Dir unbeschreiblich schwer machen zu verdauen Aber auf diese kannst Du jetzt endlich zurückschauen Siehst Du am Ende des Tunnels das grelle Licht Gehe darauf zu, ich will Deinen Dank sicherlich nicht Was ich tat, tat ich ohne jegliche Hintergedanken Aus diem Grund musst Du mir bestimmt nicht danken
Dass ich ein wenig glücklich bin über Deine Tränen Ist keine Schadenfreude, dies muss ich erwähnen Deine Träne ist nur ein Zeichen, dass ich Dich stützte Und dass Dir mein Ratschlag in der schweren Zeit nützte Aber jetzt wische Deine Träne weg, es ist nicht der Wert Auch wenn es zugegeben, mich schon mächtig ehrt Inhaltsverzeichnis
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Träumt weiter
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(Interpretation von Dream on der Gruppe Nazareth)
Träumt weiter Obwohl es schwer ist zu sagen Obwohl Ihr Euch selber betrügt, träumt weiter Träumt weiter
Du kannst Dich verstecken Wenn nichts mehr zu sagen ist, dann träumt weiter Träumt weiter Obwohl es schwer ist zu sagen Obwohl Ihr Euch selber betrügt, träumt weiter Träumt weiter
Träumt weiter Es ist so einfach für euch Obwohl ihr mich kaputt macht, träumt weiter Träumt weiter Ihr könnt niemals sehen Was Ihr mir antut, so träumt weiter
Ihr könnt über mich lachen, weil ich schreie Ihr könnt Euren Freunden erzählen, wie sehr ich bitte, dass Ihr bleibt Ihr könnt Eure Fantasien ohne mich durchleben Aber Ihr werdet nie wissen, wie sehr ich Euch brauche
Ihr könnt Euer Herz durchsuchen Ihr Könnt Eure Gründe zählen Ihr könnt Euer ganzes Leben ohne mich träumen Aber Ihr werdet nie wissen, wie sehr ich Euch brauche
Träumt weiter Es ist so einfach für euch Obwohl ihr mich kaputt macht, träumt weiter Träumt weiter Ihr könnt niemals sehen Was Ihr mir antut, so träumt weiter Obwohl es schwer ist zu sagen Obwohl Ihr Euch selber betrügt, träumt weiter Träumt weiter Inhaltsverzeichnis
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Rose
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Seit langer Zeit stehe ich wieder an diesem Ort hier Ich machte wirklich selten einen Besuch bei Dir Aber ich hoffe, Du hörst mir heute trotzdem zu Sie sagten, wie eine wunderbare Rose warst Du Wirklich eine schöne Rose warst Du - Rot blühend In der friedlichen Abendsonne schillernd glühend Eine Rose trägt in der Knospe eine wunderbare Blüte Und genauso trugst auch Du tief in Dir Deine Güte Auch die anderen Tugenden hast Du in Dir versteckt Darauf wartend, dass ein Sonnenstrahl sie auferweckt Dass eine Rose, so schön sie auch ist, auch sticht Weiss ich, aber wieso sie jemand still und leise bricht Ist diese Welt so gemein, dass Blumen den Tod finden? Wo blieben nur die Kräfte, die alles zusammenbinden Ich konnte doch nicht einfach fassungslos dastehen Ich machte mich auf, um in die Welt hinaus zu gehen Wollte die Ursachen und die Gründe für so Vieles sehen Aber ich begriff sehr schnell, ich konnte sie nicht verstehen Die Welt ist irgendwie so faszinierend und doch fade Und dass Blumen welken, fand ich immer sehr schade Aber wohin mich meine Zufälle auch immer wieder trieben Ich gehörte dazu und bin doch nur ein Fremder geblieben Alles was ich war, brachte mich doch Stück für Stück Nur wieder auf den längst bekannten Weg zurück Dorthin zurück, wo in der Vergangenheit alles begann Und deshalb bin ich jetzt wieder an meinem Anfang Stehe am selben Ort und doch war der Weg so weit Jetzt besuche ich Dich wieder seit einer langen Zeit Ich weiss mein letzter Besuch ist schon ewig her Aber Dich stört das nicht oder eher nicht mehr Und doch ist es mein Herz, das Dich nicht vergisst Weil Du auf seltsame Weise immer in der Nähe bist
Die warme Sonne, die auf Dein Grab blickt Sieht eine verwelkte rote Rose, sie ist geknickt Ich weiss, diese Rose wird nie wieder auferstehen Aber sie wird auch niemals ganz untergehen In mir murmle ich ein Gebet oder ein Gruss Und trotzdem werde ich zum guten Schluss Traurig aber trotzdem gestärkt wieder verschwinden Und versuche mit neuem Elan, die Sonne zu finden Inhaltsverzeichnis
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LIEDERABEND (2. Version)
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Es war einer der warmen Abenden, wo wir zusammenfanden Der tägliche Stress liess uns in der Abgeschiedenheit stranden Auf einem farbigen Tuch sassen wir am grünen Waldrand Und Du hattest Deine alte braune Gitarre in der Hand Beinahe zärtlich strichen Deine Finger über die Saiten Eine sanfte Melodie begann, Deine Stimme zu begleiten Ein vertrautes Lied flog durch die mächtigen Bäume Ein exaktes Spiegelbild von unseren bunten Träumen Die Worte erzählen einen Teil von unserer Geschichte Wie oft sassen wir dort gemeinsam im abendlichen Lichte Ich habe die passenden Worte zu Deiner Musik geschrieben Aber leider ist uns nur eine kurze gemeinsame Zeit geblieben So vieles wollten wir verändern, es ist uns nicht gelungen Nur unsere ehrlichen Lieder sind niemals ganz verklungen Wir wollten doch eigentlich noch so viel mehr erzählen Zu diesem Zwecke wollten wir alleine die Musik wählen Träumten davon, einen grossen Schritt vorwärts zu gehen Leider konnten unser Vorgehen nicht sehr viele verstehen Hätten so gerne mit unseren Lieder die ganze Welt erreicht Aber wenn das grausame Schicksal lautlos heranschleicht Ist es für die meisten schönen Dingen im Leben zu spät Und was zurück bleibt ist wieder nur die bittere Realität
Deine Melodien und meine Worte Öffneten in unseren Träume jede Pforte Für einen Moment waren wir das Zentrum der Welt Aber die Wirklichkeit hat uns Beide brutal gefällt Der stille Kampf im Alltag leitete unsere Geschicke Ich liebte Deine Stimme - ich liebte die Augenblicke Wenn wir in der Einsamkeit sassen am Waldrand Eine Stimme wie Du hatte sonst wirklich niemand Ich ahnte nicht, dass sie einst würde verklingen Lieder zu schreiben, wollte mir nie mehr gelingen Sicher ich hatte die eine oder andere Anfrage Der Grund warum ich zu dichten nicht mehr wage Ist doch nur weil mir Deine schönen Melodien fehlen Ohne sie kann ich meine Geschichten nicht erzählen Ich kann die passenden Worte nicht einfach erzwingen In der Erinnerung höre ich noch Deine Stimme erklingen Ich kann es nicht bestreiten Es gibt ruhig und stille Zeiten Wo meine Erinnerung wieder erwacht Ich habe einen Besuch an Deinem Grab gemacht Legte eine einzelne Blume neben Deinen Grabstein Die vergangene Zeit wird ewig wichtig für mich sein Inhaltsverzeichnis
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DUNKELHEIT
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Wenn Abends die Sonne ihr Licht ausschaltet Und der matte Mond sein erstes Gebet haltet Wenn die gesamte Welt in der Dunkelheit entrinnt Und die Vergesslichkeit wieder neue Kraft gewinnt Wenn Farben und Formen unbemerkt ineinander fliessen Und es keinen Sinn mehr hat, die Augen zu schliessen Dann beginnen die Lebensgeister, mich aufzuwecken Weil in diesen Momenten muss ich mich nicht verstecken Und hinter den nächsten dicken Baumstamm rennen Weil niemand wird in der Dunkelheit noch erkennen Wovon ich schon mein gesamtes Leben lang fliehe Nein, niemand sieht, dass ich mein Bein nachziehe Deshalb mag ich die verhüllende Dunkelheit sehr Sie verbirgt den Spott, kein schmerzendes Lachen mehr Wohin mich jetzt mein Weg auch immer bringt Kein verletzender dummer Spruch, der zu mir dringt Dies alles habe ich irgendwo hinter mir gelassen Die Dämmerung liess die Unterschiede verblassen In der Nacht sind bekanntlich alle Katzen grau Deshalb nimmt man es in der Nacht nicht so genau Es ist auch Fremdes was man jetzt anerkennt All das was am Tag noch unbemerkt davonrennt Auch ich kann mich in der Dunkelheit verstecken Denn niemand kann jetzt meine Behinderung entdecken Aus diesem Grund gehe in den Momenten gerne unter Leute Es sind andere Menschen als am Tag die grausame Meute Die mit Spott und Beleidigungen mich nicht in Ruhe lässt Ich weiss, ich habe keine gefährliche Krankheit nicht die Pest Aber manchmal fehlt mir die Kraft, um mich dagegen zu wehren Den Einsatz, um mich gegen das Unvermeidliche zu sperren Trotzdem werde ich es immer wieder und nur für mich versuchen Tagsüber werde ich zwar noch oft still und heimlich fluchen Aber in der Nacht stelle ich mich meinem Schicksal entgegen Eines Tages werden sich auch die schwersten Steine bewegen Doch dies ist nur ein Traum, es braucht noch sehr viel Zeit Was mir bleibt ist der Schutz der absoluten Dunkelheit
Aber wenn der Morgen wieder erwacht Steht auch der Erste wieder da, der lacht Ich beginne mich, wieder zurückzuziehen Ich bin es, vor dem ich wieder fliehe
Aber ich warte bis die Dunkelheit wieder hereinbricht Weil dann beginnt von Neuem meine persönliche Schicht Inhaltsverzeichnis
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BEGEGNUNG DER VIERTEN ART
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Ich habe mir für meine Arbeit viel Zeit genommen Und doch bin ich langsam an ein Ende gekommen Es ist soweit, ich kann den Deckel nun schliessen Verharre einen Augenblick, um still zu geniessen Dass diese Zeilen meine eigenen Hände vollbrachten Relikte, die einst irgendwo in meinem Herzen erwachten In diesem Augenblick hast Du Gelegenheit, ihnen zu begegnen Vielleicht hat es vor dem Fenster gerade begonnen zu regnen Und Du liegst bequem auf dem Bett mit meinem Ordner vor Dir Erlebst die Begegnung der vierten Art mit mir durch dieses Papier Weil auf jeder einzelnen Seite von diesem Werk stösst Du auf mich Auf ein buntes Bild von meiner Wahrheit und trotzdem nicht wirklich
Einige Dinge wollte ich eigentlich gar nicht aufschreiben Und liess es aus unerklärlichen Gründen doch nicht bleiben Andere Dinge aus meinem Leben, an welchen mir sehr viel liegt Habe ich einfach nicht auf dieses verflixte, weisse Papier gekriegt Aber auch grosse Enttäuschungen können mit der Zeit vergehen Ich habe längst gelernt, es nicht mehr so furchtbar eng zu sehen Es ist mir nicht mehr so furchtbar wichtig, wie es mir früher war Irgendwie mache ich mich heute viel bewusster zu einem Narr Denn wahrscheinlich nur ein Narr rennt einem Traum hinterher Der nicht existiert - oder vielleicht besser gesagt nicht mehr Eigentlich träumte ich nur davon, es eines Tages zu erleben Aber ich habe die Hoffnung und das Träumen langsam aufgegeben Mein Traum, dass verschlossene Türen ohne Gewalt aufbrechen Trotzdem möchte ich jetzt meine bekannten Bitten aussprechen
Vertrauen ist auf dieser Welt eine der schönsten Gaben Lasst mich deshalb das Sorgerecht für meine Zeilen haben Darum wenn Du fertig bist, gib mir den Ordner bald zurück Weil für mich ist er weit mehr als nur ein wertloses Stück Darum lasse mein Vertrauen nicht auf Deinem Regal verstauben Damit würdest Du mir nur wehtun, und ich will nicht glauben Dass diese Möglichkeit wirklich in Deiner Absicht kann liegen Also ich bin froh, könnte ich meine Gedichte bald zurückkriegen
Noch Eines will ich am Ende von diesem Band aufschreiben Es muss nicht bei einer Begegnung der vierten Art bleiben Doch der nächste Schritt, der liegt ganz alleine bei Dir Und nicht mehr, so wie das allererste Hindernis, an mir Denn der erste Schritt war mein vertrauensvolles Erzählen Du hast nun für Dich zwischen den Möglichkeiten zu wählen Ob Du schweigst, ob Du redest oder mir aus dem Weg gehst Eines nahen Tages werde ich erfahren, wie Du dazu stehst Inhaltsverzeichnis
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NACKT (ZUM LETZTEN)
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Jetzt stehe ich wieder einmal vor Euch völlig nackt Sicherlich ich hätte mich schnell wieder eingepackt Doch eigentlich habe ich es satt, mich zu verstecken Was es zu sehen gibt, soll man ruhig auch entdecken Ich weiss, ich bin bestimmt nicht wie ein Athlet gebaut Zahlreiche hässliche Narben zieren meine Haut Auch die Tränen haben ihre Furchen hinterlassen Und viel Vergangenes kann ich nicht in Worte fassen Aber ich habe eigentlich schon vor vielen Jahren erkannt Bin schon viel zu lange nur von mir selbst fortgerannt Es ist nicht so, dass mich die Blicke nicht mehr berühren Doch ich will nicht länger ein hilfloses Theater aufführen Die neugierigen Fragen haben mir zu lange Furcht eingeflösst Heute stehe ich vor Euch allen vollkommen entblösst Ich habe mich unlängst zu diesem Schritt entschlossen Es ist doch schon zu viel Tränen und Blut geflossen Zu mir selbst zu stehen, fällt zwar oftmals noch schwer Aber schämen will ich mich bestimmt auch nicht mehr Was soll ich mich mit den Vorurteilen anderer plagen Und das alles, nur um mir selber hinterher zu jagen Bei meinem Anblick haben schon so viele gelacht Und es hat mir noch jedes Mahl sehr weh gemacht Heute will ich mich aber nicht mehr verstecken Mir ist lieber, das Gelächter bewusst zu wecken Manche können dies sicherlich nicht verstehen Doch ich kann keinen anderen Weg mehr gehen
Ich weiss nicht, ob Du Dich vor mir kannst ausziehen Vielleicht willst Du lieber von der Wahrheit fliehen Glaube mir, ich kann es wirklich gut verstehen Habe ich es doch ein halbes Leben lang getan Doch hast Du den Mut, dann lasse uns nackt dastehen Gemeinsam können wir aufeinander zugehen Ich werde über Dich sicherlich nicht lachen Ich weiss, dass andere schon Ihre Witze machen Nackt zu sein ist ziemlich schwer – leider In einer Welt voller teurerer Kleider Deshalb kann auch ich nicht immer meine Kleider entbehren Aber ich will mich nicht mehr darüber beschweren Weil für einige Momente nackt zu sein Ist mehr wert als dieser verlogene Schein Ist es auch nur auf ein paar beschriebenen Seiten Kann es mir doch grosse Lust bereiten Inhaltsverzeichnis
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Schlusswort
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Nun bin am Ende angelangt. Noch nie schrieb ich so lange an einem Werk, was bestimmt auch an den Pausen liegt, die ich eingeschalten habe. Wenn ich jetzt den Deckel schliesse, befällt mich ein etwas irritierendes Gefühl. Es hat sich sehr viel geändert von der ersten bis zur letzten Seite. Mein Leben sieht heute völlig anders aus. Aber die meisten Gedichte in diesem Band stammen noch von meinem „alten“ Leben. Vielleicht werde ich später auch über meine jetzige Lebenssituation und meine Eindrücke heute schreiben. Aber ich will mich auch nicht ganz von der Vergangenheit lösen, denn dies war ich und bin es wahrscheinlich auch heute noch zum Teil. Doch jetzt zurück zu meinen Texten, vermehrt habe ich versucht, Zusammenhänge zwischen scheinbar völlig verschiedenen Geschichten zu zeigen. Auf merkwürdige Weise bin ich immer wieder zurückgekommen auf eine andere Geschichte oder stand plötzlich wieder am Anfang. Natürlich haben mich meine Geschichten wieder gefangen und doch kann ich es plötzlich auch mit einem gewissen Abstand betrachten. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, ich hatte noch niemals so Schwierigkeiten, meine eigenen Gedichte einzuschätzen.
Vielleicht bin ich deshalb so wie noch nie auf Eure Hilfe angewiesen, von Euren Eindrücken zu erfahren. Es geht mir sicherlich nicht mehr, um das Wiederkäuen von den Gefühlen der Vergangenheit. Aber ich fühle mich momentan in einer Phase, wo ich nicht recht weiss, wie und ob ich weiterschreiben soll. Eure Meinungen helfen mir vielleicht, meinen literarischen Pfad zu finden. Meine üblichen Anregungen von „Gesprächen“ und „hoffentlich entstehen keine Missverständnis“ lasse ich diesmal bleiben. Ihr kennt diese Sätze wahrscheinlich schon zu Genüge.
Nach meiner vielleicht etwas verwirrenden Einleitung zu diesem Schlusswort versuche ich jetzt, klar und sachlich zu schreiben. Vergesst bitte nicht, die Wahrheit werdet Ihr auf meinen Blättern nicht finden. Die Wahrheit könnt nur Ihr alleine kennen, was sich in meinen Gedichten befindet ist nur mein Eindruck. Das Leben müsst Ihr selber leben.
Zum Schluss möchte ich Euch allen für die Geduld und das Interesse danken.
Also lebt Euer Leben Und versucht Euer Bestes zu geben Inhaltsverzeichnis
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Schreib mir, freue mich auf Fragen oder Kritik
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